Achtung bei zu niedriger und zu hoher Luftfeuchtigkeit!
Viele Gitarristen sind sich der Tatsache gar nicht bewusst: Das Thema Luftfeuchtigkeit spielt für Gitarren eine enorm wichtige Rolle, denn Holz ist ein Werkstoff, der arbeitet – das heißt: Holz ist in der Lage, Feuchtigkeit aufzunehmen und abzugeben. Werden Gitarren einer zu niedrigen oder zu hohen Luftfeuchtigkeit ausgesetzt, können ernsthafte Schäden am Instrument entstehen, wobei akustische Gitarren – verglichen mit E-Gitarren – besonders empfindlich auf kritische Klimaumgebungen reagieren.
Besonders im Winter: zu niedrige Luftfeuchtigkeit
Zu trockene Luft führt dazu, dass das Holz Deiner Gitarre Feuchtigkeit nach außen abgibt. Mögliche Folgen dieses physikalischen Vorgangs können sein:
- Das Griffbrett trocknet aus und schrumpft. Sichtbar und spürbar wird dies durch scharfe bzw. überstehende Bundkanten, da das Metall der Bundstäbchen mit dem Holz des Griffbretts natürlich nicht mitschrumpft.
- Das Holz der Decke (akustische Gitarren) trocknet aus und zieht sich zusammen. Die sichtbare Folge: die Decke weist eine mehr oder weniger starke Wölbung nach innen/unten auf. Es kann auch passieren, dass die Saitenlage zu niedrig wird, weil mit der Decke verbundene Teile wie das Griffbrett und der Steg nach unten absacken. Diese zu niedrige Saitenlage kann sich in einem Schnarren der Saiten bemerkbar machen.
- Ausgetrocknetes Holz kann im schlimmsten Fall zu Rissen im Korpus und am Griffbrett führen.
Tipp Darauf solltest Du im Winter achten!
Sorge in beheizten Räumen regelmäßig für eine ausreichende Befeuchtung der Raumluft, um sicherzugehen, dass Deine Gitarre keinen dauerhaften Schaden nimmt. Bewahre Deine Gitarre im Winter nicht in direkter Nähe von Heizkörpern auf.
Um für das richtige Maß an Luftfeuchtigkeit bei akustischen Gitarren zu sorgen, gibt es spezielle Gitarrenbefeuchter. Es handelt sich dabei um ein kleines Etui, in dem sich ein Schwämmchen befindet. Das Schwämmchen wird leicht angefeuchtet, der Behälter am Schallloch zwischen die Saiten geklemmt. Benötigt die Gitarre Luftfeuchtigkeit, zieht sie sich diese in der benötigten Menge aus dem angefeuchteten Schwämmchen.
Besonders im Sommer: zu hohe Luftfeuchtigkeit
Zu feuchte Luft führt dazu, dass das Holz Deiner Gitarre Feuchtigkeit aufnimmt und aufquillt. Die möglichen Folgen können sein:
- Die Decke dehnt sich aus und weist eine Wölbung nach außen/oben auf.
- Verleimte Teile, wie zum Beispiel der Steg, lösen sich.
- Der Klang der Gitarre verschlechtert sich und im Extremfall kann sogar Schimmel entstehen.
Die optimale Luftfeuchtigkeit
Die optimale relative Luftfeuchtigkeit liegt in Wohnräumen bei einer Umgebungstemperatur von 20° C bei etwa 45-55%. Messen kann man die Luftfeuchtigkeit mit einem sogenannten Hygrometer.
Während die Luftfeuchte im Sommer automatisch eher im oberen Bereich liegt (warme Luft nimmt eher Feuchtigkeit auf als kalte Luft), ist es im Winter umgekehrt: die Luftfeuchtigkeit sinkt schnell auf niedrigere Werte.
Wenn kalte Luft in Wohnräumen durch Heizen erwärmt wird, besitzt sie zunächst eine niedrige Luftfeuchte, ist aber im warmen Zustand dann wieder optimal in der Lage, Feuchtigkeit aufzunehmen. Im Winter ist es daher ratsam, in beheizten Räumen für zusätzliche Befeuchtungsquellen zu sorgen, damit die Luft sich – ganz einfach ausgedrückt – ihre Feuchtigkeit nicht aus dem Holz der Gitarre "besorgt", sondern beispielsweise aus Feuchtigkeitsspendern bzw. Luftbefeuchtern, die man an der Heizung anbringen kann. Ist die Luftfeuchtigkeit hingegen in einem Raum zu hoch, kann man hier ganz einfach durch gezieltes Lüften entgegenwirken.
Unterschiedliche Holzsorten - unterschiedliche Reaktionen!
Die unterschiedlichen Holzsorten, die im Gitarrenbau verwendet werden, reagieren unterschiedlich stark auf zu niedrige oder zu hohe Luftfeuchtigkeitsverhältnisse. Da in den meisten Fällen mehrere verschiedene Hölzer in einem Instrument miteinander kombiniert werden (zum Beispiel bestehen Boden und Zargen einer bestimmten Gitarre vielleicht aus Mahagoni, während die Decke aus massiver Fichte gefertigt ist), ergeben sich zwischen den unterschiedlichen Holzsorten manchmal auch noch zusätzliche Spannungsverhältnisse, weil zum Beispiel Fichte stärker auf Feuchtigkeitsschwankungen reagiert als Mahagoni.
Schwindmaß und Quellmaß
Das Ausmaß, mit dem eine Holzsorte auf Feuchtigkeitsentzug (als Folge zu niedriger Luftfeuchtigkeit) reagiert, wird als "Schwindmaß" bezeichnet. Das Gegenteil, also die Aufnahmefähigkeit von Feuchtigkeit, beschreibt das sogenannte Quellmaß".
Beispiele unterschiedlicher Hölzer, die im Gitarrenbau verwendet werden – je geringer das Schwindmaß, desto geringer die Auswirkungen auf Veränderungen der Luftfeuchtigkeit. Ahorn reagiert beispielsweise weniger stark als Esche und Mahagoni weniger als Fichte:
- Mahagoni: 0,20 - 0,30%
- Ahorn: 0,22 - 0,30%
- Linde: 0,24 - 0,32%
- Fichte: 0,27 - 0,36%
- Esche: 0,27 - 0,38%
Tipp Lackierungen bieten Schutz!
Generell reduzieren Lackierungen die Feuchtigkeitsaufnahme und –abgabe eines Holzes, wobei die Holzflächen im Korpusinneren einer akustischen Gitarre normalerweise nicht lackiert und damit ungünstigen klimatischen Bedingungen zwangsweise ausgeliefert sind.